Montag, 16. April 2012

Fukushima: Eine tickende Zeitbombe


Wer denkt, die Atomkatastrophe von Fukushima sei zu Ende, liegt falsch. Ein Jahr nach dem Unglück könnten noch größere Mengen des radioaktiven Materiales entweichen. Ein großes Erdbeben und das Land des Lächelns stünde erneut am Abgrund.

Am 11. März letzten Jahres nahm die Katastrophe ihren Lauf: Mit dem Tohoku-Erdbeben kam es zu drei Kernschmelzen in den Reaktoren eins bis drei. Etwa zehn bis zwanzig Prozent der Emissionen von Tschernobyl wurden freigesetzt. Zwischen 100.000 und 150.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen, manche von ihnen dürfen nie wieder in ihre Heimat zurück.

Bereits im Artikel "Fukushima: Ein Lügengebäude fällt " berichtete ich über zahlreichen Ungereimtheiten und über die damals veröffentlichte Dokumentation "Die Fukushima-Lüge" im ZDF. Darin kommt auch der Nuklearingenieur und Unternehmer Yukitero Naka zu Wort, der vor einer neuen Katastrophe warnt:

"Da gibt es noch ein sehr großes Risiko. Meine persönliche Sorge ist der Reaktorblock 4. Das Gebäude wurde durch das Erdbeben stark beschädigt. Im Abklingbecken im vierten Stock sind noch etwa 1300 gebrauchte Brennstäbe und im Stockwerk darüber sind noch neue Brennstäbe gelagert und viele schwere Maschinen. Das ist alles sehr, sehr schwer. Wenn es wieder ein starkes Erdbeben gibt, dann könnte das Gebäude zusammenbrechen. Dann könnte es sehr wahrscheinlich zu einer erneuten Kettenreaktion kommen."
Mittlerweile sind noch andere Wissenschaftler mit schweren Bedenken an die Öffentlichkeit getreten. Hintergrund ist, dass in Reaktor 4 sehr viele abgebrannte Brennstäbe lagern. Infolge des Bebens wurde der Reaktor massiv beschädigt, wodurch es zu einer Wasserstoffexplosion kam bei der das Dach weggesprengt wurde. Die Brennstäbe liegen nun unter offenem Himmel und müssen dauerhaft gekühlt werden.

Der frühere japanische Diplomat Akio Matsumura warnt deshalb vor einer Katastrophe in Reaktor 4. Auf seiner Webseite Akiomatsumura.com veröffentlicht er Interviews und Artikel von Experten rund um Fukushima. Er selbst schreibt dort:
"The crisis at the Fukushima-Daiichi power plants has not ended. (...) If another high level earthquake hits the area, the building (gemeint ist Reaktor 4, Anm. d. Redaktion) will certainly collapse. Japanese and American meteorologists have predicted that such a strong earthquake is indeed likely to hit this year.
The meltdown and unprecedented release of radiation that would ensue is the worst case scenario that then-Prime Minister Kan and other former officials have discussed in the past months. He warned during his speech at the World Economic Forum in Davos that such an accident would force the evacuation of the 35 million people in Tokyo, close half of Japan and compromise the nation’s sovereignty. Such a humanitarian and environmental catastrophe is unimaginable."
Russia Today berichtete vor zwei Wochen ebenfalls. Laut dem Sender liegt die Strahlendosis in Reaktor 2 zehnmal über der für einen Menschen tödlichen Dosis. Ähnlich berichteten die Bild und andere Massenmedien hierzulande. Russia Today führte in ihrem Bericht weiter aus, dass aufgrund der hohen Strahlung die Roboter ausgewechselt werden mussten, da sie nicht mehr funktionierten.

Der Sender führte anschließend ein Interview mit dem Nuklearexperten Kevin Kamps, der acht Jahre für die amerikanische Organisation Nuclear Information and Resource Service (NIRS) der Experte für Nuklearabfällen war und sich heute in der Organisation Beyond Nuclear gegen Atomkraft einsetzt. Im Interview erzählt er unter anderem, dass man in Tschernobyl ähnliche Probleme mit den Robotern hatte.

Kamps warnt:
"The entire building is listing including the pool. What they have is steel jacks underneath the pool to try to keep the floor from falling out or the pool from flipping over. If that cooling water supply is lost, it will be just a few hours at most before that waste is on fire. 135 tons outside of any radioactive containment. They would be direct releases into the environment. 100% of cesium-137 could be released to the environment."
Gordon Edwards, ein kanadischer Physiker und Präsident der "Coalition for Nuclear Responsibility" warnt, dass die Temperatur des Abklingbeckens in Reaktor 4 über viele Jahre hinweg ständig unter 900 Grad Celsius gehalten werden muss. Ansonsten würde sich die Beschichtung des Abklingbeckens sehr schnell verschlechtern und radioaktive Stoffe würden in die Umwelt austreten.

Ab 1000 Grad beginnen die Brennstoffe im Becken zu brennen und hochgiftige radioaktive Partikel würden austreten, die bei Einatmung oder Hautkontakt gefährliche Folgen für Menschen hätten. Reaktor 4 hat kein Dach mehr, von einem Hubschrauber aus kann man über dem Reaktor direkt in das Abklingbecken sehen. Das bedeutet, radioaktive Stoffe würden direkt in die Umwelt gelangen.

Edwards weiter:
"Currently, the situation in Unit 4 is under control – but things could change quickly if the spent fuel pool collapses or the support structure is severely damaged by a strong aftershock. It may then be impossible to cool the irradiated fuel effectively. Temperatures will climb, and the irradiated fuel will overheat and may even catch fire.
In such an event, with no roof on Unit 4, and no containment structure surrounding the spent fuel pool, there is no barrier to prevent or even limit further radioactive releases. Thus there is no way to protect the Japanese population or the environment from these renewed emissions."
Edwards appelliert zudem an die japanische Regierung, sich schnellstmöglich Hilfe von außen zu holen. Von Regierungsseite scheint man aber mehr bestrebt, die japanischen Atomkraftwerke möglichst schnell zum Laufen zu bringen. In den letzten Tagen wurde bekannt, dass die japanische Regierung zwei Kraftwerke wieder hochfahren will.

Die Seite Enenews berichtet ähnlich über Reaktor 4 und beruft sich auf den Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission sowie auf die Warnungen des französischen Atomkonzerns Areva und der amerikanischen Nuclear Regulatory Commission (NRC), die in den USA für die Sicherheit der Kernkraftwerke zuständige Behörde :
"The 7-story building itself has suffered great damage (...). The roof has been blown away. If the storage pool breaks and runs dry, the nuclear fuel inside will overheat and explode, causing a massive amount of radioactive substances to spread over a wide area. Both the U.S. Nuclear Regulatory Commission (NRC) and French nuclear energy company Areva have warned about this risk.
A report released in February by the Independent Investigation Commission on the Fukushima Daiichi Nuclear Accident stated that the storage pool of the plant’s No. 4 reactor has clearly been shown to be “the weakest link” in the parallel, chain-reaction crises of the nuclear disaster. The worse-case scenario drawn up by the government includes not only the collapse of the No. 4 reactor pool, but the disintegration of spent fuel rods from all the plant’s other reactors. If this were to happen, residents in the Tokyo metropolitan area would be forced to evacuate."
Ausgelöst könnte solch ein Brand durch ein Erdbeben werden, wie der Nuklearingenieur Yukitero Naka im ZDF sagte. Eine Studie der japanischen Tohoku Universität, die in der geowissenschaftlichen Fachzeitschrift "Solid Earth" veröffentlicht wurde, sagt aus, dass erneut ein starkes Erdbeben droht, bei dem das Epizentrum noch näher an Fukushima liegt. Dapeng Zhao, der Leiter der Studie und Professor für Geophysikan der Tohoku Universität, meint:
"There are a few active faults in the nuclear power plant area, and our results show the existence of similar structural anomalies under both the Iwaki and the Fukushima Daiichi areas. Given that a large earthquake occurred in Iwaki not long ago, we think it is possible for a similarly strong earthquake to happen in Fukushima."
Der Washington Blog beruft sich auf Berichte von Wissenschaftlern, nach denen dieses Jahr eine siebzig-prozentige Wahrscheinlichkeit auf ein schweres Erdbeben bestehe, dass  Fukushima treffen könne. Für die nächsten drei Jahre steige die Wahrscheinlichkeit sogar auf 98 Prozent.

Der Nuklearingenieur Arnold Gundersen soll außerdem prognostiziert haben, dass im Falle eines Erdbebens der Stärke 7,0 oder höher den Kollaps des Reaktors 4 auslösen könnte. Die genaue Quelle dieser Berichte war nicht mehr auszumachen, da die Verlinkung schlecht gesetzt wurde. Die Zahlen könnten durchaus zutreffen, da Japan im Pazifischen Feuerring liegt und deshalb überdurchschnittlich oft von Erdbeben betroffen ist.

In den Massenmedien werden diese Expertenberichte bewusst ausgespart, um die japanische Bevölkerung in falscher Sicherheit zu wiegen. Man spielt den Leuten vor, die Katastrophe sei ausgestanden, dabei wäre beim nächsten Vorfall Tokio mit seinen 30 Millionen Einwohnern betroffen. Scheint so, als habe man von offizieller Seite Angst vor einer Panikreaktion der Japaner.


Hier der Bericht von Russia Today mit anschließendem Interview von Kevin Kamps:



Und ein Interview mit Akio Matsumura:



Nachtrag 17. April: Reuters veröffentlichte gestern eine Meldung, nach der Ron Wyden, ein amerikanischer Senator aus Oregon der demokratischen Partei, Fukushima am 6. April besucht habe und sich nun für eine internationale Unterstützung der Japaner einsetzt. Wyden ist Mitglied im Energieausschuss des Senats. Nach seinem Besuch schrieb er Briefe an Außenministerin Hillary Clinton, den Energieminister Steven Chu, an den NRC-Chef Gregory Jaczko und an Ichiro Fujisaki, den japanischen Botschafter in den USA.
In einem Brief an den japanischen Botschafter schreibt er: "Seeing the extent of the disaster first-hand during my visit conveyed the magnitude of this tragedy and the continuing risks and challenges in a way that news accounts cannot (...)."



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2 Kommentare:

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