Freitag, 13. April 2012

Griechenlands Pompeji: Wie eine viertausendjährige Zivilisation untergeht


Vor neun Tagen beging ein Rentner vor dem griechischen Parlamentsgebäude Selbstmord. Er wolle nicht "im Müll nach Essen suchen und eine Last für seine Kinder werden", schreibt er in seinem Abschiedsbrief. Der ganz normale Wahnsinn im Geburtsland der Demokratie.

Am Mittwoch, dem 4. April 2012, nahm sich Dimitris Christoulas am hellichten Tage das Leben, mitten in Athen auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlamentsgebäude. Spontan war seine Tat vermutlich nicht, denn am Tag zuvor hatte er noch alle offene Rechnungen und die Nebenkosten für seine Wohnung im Vorraus beglichen.

Christoulas war 77 Jahre alt, von Beruf Apotheker und hatte eine 43-jährige Tochter. Ihr Name ist Emy Christoula, über ihren Vater sagt sie: "Sein ganzes Leben verbrachte er als ein linker Kämpfer, ein selbstloser Visionär. (...) Diese letzte Tat war ein bewusster politischer Akt, vollkommen übereinstimmend mit dem, wass er glaubte und in seinem Leben machte."  

Während die Massenmedien hierzulande von einem "überschuldeten Rentner" sprechen, zeichnet Reuters überaschenderweise ein anderes Bild. Zahlreiche Nachbarn, Freunde und die Tochter des Mannes erzählten demnach, dass Christoulas ein sehr gebildeter und politischer Mensch gewesen sei. Das letzte Buch, dass Christoulas sich vor seinem Tod kaufte, trug den Namen "Griechenland's Pompeji" und drehte sich um die Gemeinsamkeiten zwischen der antiken römischen Stadt Pompeji und dem heutigen Griechenland.

Der Abschiedsbrief vermittelt ebenfalls ein ähnliches Bild von diesem Mann, darin schreibt Christoulas:
"I cannot find justice, I cannot find another means to react besides putting a decent end, before I start searching the garbage for food and become a burden for my child. (...)Young people without a future will one day take up arms and hang the traitors upside down in Syntagma Square, as the Italians did to Mussolini in 1945."
Es ist ein weiterer Fall in einer langen Indizienkette, die zeigt, wie schlecht es um Griechenland bestellt ist. Seit Beginn der Krise steigt in Griechenland die Selbstmordrate rapide an: In den Jahren 2010 und 2011 wurden zwanzig Prozent mehr Selbstmorde verzeichnet als im Jahr 2009, wie das Wall Street Journal berichtet. Der Griechenland-Blog spricht sogar von einem Anstieg von über 45 Prozent für das Jahr 2011.

Der Guardian berichtete vor einem Monat, dass Fälle von AIDS und Malaria in Griechenland massiv ansteigen. So nahmen die AIDS-Infektionen in der ersten zehn Monaten des Jahres 2011 um unglaubliche 1250 Prozent zu. Grund ist, dass aufgrund von Budgeteinschränkungen infolge der Sparprogramme keine kostenlosen Spritzen mehr an die Bevölkerung verteilt werden. 

Laut der Welt stecken sich viele Menschen absichtlich mit der Krankheit an, um höhere staatliche Leistungen zu bekommen. In Griechenland erhält jeder Infizierte zusätzlich zu den Medikamenten etwa 700 Euro im Monat, ein Arbeitsloser hingegen nur 430 Euro.

Im Süden des Landes wurden 100 Malariafälle diagnostiziert, aber nur die wenigsten Erkrankten waren zuvor im Ausland gewesen. Der Chef der Ärzte ohne Grenzen von Griechenland, Reveka Papadopoulos, spricht von einer Endemie. Grund ist die schlechte medizinische Versorgung, laut dem Guardian gibt es auch einen starken Anstieg an Tuberkuloseerkrankungen und einige Fälle von Nil-Fieber.

Die Kriminalität ist in den vergangenen fünf Jahren um 100 Prozent gestiegen, wie der Griechenland-Blog unter Berufung auf die offiziellen Polizei-Statistiken meldet. In der griechischen Öffentlichkeit werden dafür die Migranten verantwortlich gemacht, obwohl dieses Bild nicht von Statistiken gestützt wird. Die Deutschen Mittelstands Nachrichten berichten, dass die Zahl der Diebstähle und Raubüberfalle allein im Jahr 2011 um zehn Prozent gestiegen sei. Laut dem Manager Magazin sind die griechischen Gefängnisse darum heillos überfüllt, rund ein Drittel mehr Insassen sind inhaftiert als erlaubt.

Die aktuelle Arbeitslosenrate stieg innerhalb eines Monats um 0,9 Prozent und liegt nun bei 21,9 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg auf schwindelerregende 50,8 Prozent, wie Querschüsse mit Verweis auf das griechische Statistikamt berichtet. Der Griechenland-Blog schreibt, dass die Prostitution um 1500 Prozent gestiegen ist und sich rassistische Gewalt gegen Immigranten ausbreite. Und im Zentrum Athen gibt es Ghettos, in dem Einwanderer und Griechen völlig verarmt leben, wie unter anderem die Junge Welt, die Huffington Post, der Guardian, die Taz und der Girechenland-Blog (hier und hier) melden.

Eine repräsentativen Umfrage der Wirtschaftsuniversität Athen zeigt das Ausmaß der Katastrophe. Darin beurteilten 55,4 Prozent der Befragten ihre persönliche wirtschaftliche Lage als sehr schlecht und schlimm - nur 7,2  Prozent gaben an, nicht von der Krise betroffen zu sein. 

Der bekannte griechische Komponist, Schriftsteller und Politiker Mikis Theodorakis spricht in einem offenen Brief von einer Verschwörung gegen Griechenland. Der 87-Jährige ist international bekannt für seine Filmmusik zu Alexis Sorbas, Z und Serpico und sein politisches Engagement. Er wurde drei Mal ins griechische Parlament gewählt, zum letzten Mal 1990, wo er als Minister ohne Geschäftsbereich ins Kabinett der Regierung von Konstantinos Mitsotakis berufen wurde.

Zurück zu Dimitris Christoulas: Ein Tag vor seinem Selbstmord ging dieser zum Händler Ilias Sirakos, um seine Energierechnungen zu bezahlen. Sirakos berichtet: "Vor ein paar Tagen erzählte er einem Freund noch, er könne diese Apathie nicht verstehen und fragte, wie die Leute nur herumsitzen könnten ohne zu protestieren. (...) Er ist ein Held. Es braucht Mut, um so etwas zu tun."



Quellen:

Reuters: Despairing Greek leftist makes final stand

Russia Today: Pensioner shoots himself at Greek Parliament, refuses to 'search for food in garbage' (PHOTOS)

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lernt doch erst einmal richtog Deutsch! Was sóll das Auslassungszeichen bei "Griechenland's"? -- Richtig muss es heißen "Griechenlands Pompeji". Geht doch einfach nochmal in den Kindergarten!

Anonym hat gesagt…

Andere kritisieren und der eigene Kommentar auch fehlerhaft.....wunderbar!

Dieser Artikel handelt von menschlichen Schicksalen. Mir persönlich ist es da sch.....egal ob das "Auslassungszeichen" richtig steht. Mitgefühl ist Ihnen wohl ein Fremdwort!

Anonym hat gesagt…

Wann wird endlich begriffen, dass es sich im Fall Griechenland zunächst "nur" um einen Test der Bilderberger handelt?
Sie haben es lange geplant und dorthin getrieben, wo sich Griechenland nun befindet. Im Arsch!
Die nächsten Fälle sind bereits in Vorbereitung (Rest-PIIGS) und sie werden das selbe Schicksal erleiden, bevor es uns an den Kragen geht!

Anonym hat gesagt…

Ohje, vielleicht hätten Sie sich doch mehr auf den zweiten Absatz konzentrieren sollen!!!

Le Gallinacé hat gesagt…

quelle pitié !

Anonym hat gesagt…

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